Die Kleinstadt Hirschberg in Thüringen eignet sich wunderbar als Ausgangspunkt für unterschiedliche Wanderungen in die Umgebung. Einige Ziele stellen wir im Beitrag vor.
Inhaltsverzeichnis
Hirschberg an der Saale
Vielen dürfte der Name Hirschberg von der A9 bekannt sein, denn hier gibt es eine gleichnamige Raststätte. Aber die Stadt im thüringischen Vogtland hat noch mehr zu bieten. Idyllisch an der Saale gelegen, bieten sich von den Hügeln rund um Hirschberg wunderbare Blicke übers Land und den Fluß.
Hirschberg wurde erstmals 1154 erwähnt. Die kleine Stadt liegt direkt an der Saale. Die Herren von Hirschberg bauten hier um die Zeit der Ersterwähnung eine Burg, von der heute allerdings nur noch Mauerreste und der Rest des Turmes stehen. Die Burg war Teil eines Burgensystems zum Schutz der Saaleübergange, die in enger Nachbarschaft standen. Dies waren Hirschberg, Sparnberg und Blankenberg.
Die Vögte in Hirschberg
Hirschberg ist eine Station auf dem Kulturweg der Vögte, der sich quer durch das Vogtland zieht. Für die vogtländische Zuordnung ist interessant, dass Rudolf von Habsburg die Burg 1296 erwarb und sie direkt an die Vögte von Plauen verpfändete. Sie blieb bis 1357 im vögtischen Besitz. Danach ging sie an die Wettinger über.
Nur zwei Jahre später kam Hirschberg in böhmische Hand und blieb bis zum Jahr 1807 böhmisches Lehen. Es gab in dieser Zeit zahlreiche Besitzerwechsel, bis es im 17. Jahrhundert wieder in vögtischen, besser gesagt, reußischen Besitz kam.
1664 kaufte Heinrich der X. von Reuß-Lobenstein-Ebersdorf die Reste der Burg. Ab 1678 diente es seinem Sohn Graf Heinrich VIII bis zu seinem Tod 1711 als Residenz. Er benannte seine Nebenlinie der Reußen nach Hischberg und trug den Titel Graf Reuß-Lobenstein-Hirschberg. Damit wurde die kleine Stadt an der Saale für kurze Zeit sogar Residenzstadt. Zügig begann der Graf Reuß-Lobenstein-Hirschberg an der Stelle der ehemaligen Burg mit dem Neubau seines Schlosses. Nachdem er kinderlos verstarb, fiel das Gebiet wieder an die Ebersdorfer Linie zurück.
1825 lies der letzte Fürst von Reuß-Ebersdorf Heinrich LXXII das Schloss um- und ausbauen, um es als Sommerresidenz zu nutzen. 1920 ging es in Thüringer Besitz über und wurde ab dieser Zeit zu Wohnzwecken genutzt. Heute ist es in privaten Händen. Das Schloss liegt idyllisch auf einem Felsvorsprung. Von hier aus hat man einen schönen Blick auf den Ort und auf den auf einem Bergvorsprung thronenden Hirsch. Bergabwärts führt ein Weg in den Hag, ein Waldgebiet um Hirschberg. Aber dazu später mehr. Wir besuchen erst einmal die Stadt.
500 Jahre Lederhandwerk bestimmen die Stadt
Hirschberg blickt auf eine lange Tradition des Lederhandwerks zurück. Über 500 Jahre lang bestimmte dieser Wirtschaftszweig die Entwicklung der Stadt. Am bedeutendsten war die direkt an der Saale gelegene, 1741 gegründete Lederfabrik von Heinrich Knoch. 1927 beschäftigte sie in ihrer Hochphase 1.300 Mitarbeiter.
Sie war die größte Firma, die in Deutschland Schuh- und Sohlenleder herstellte. Auch zu DDR-Zeiten war die Lederherstellung der wichtigste Wirtschaftszweig der Stadt. In der Nachwendezeit wurde die Fabrik geschlossen und die meisten Zeugnisse der Lederindustrie wurden abgerissen. Nur das Verwaltungsgebäude und die Fabrikantenvilla stehen noch. Die ehemalige Villa Knoch heißt heute Villa Novalis und beheimatet eine Akademie, die internationale besetzte Meisterkurse für Musiker und Musikstudenten anbietet.
Um die Geschichte der Lederherstellung zu bewahren, hat man im Verwaltungsgebäude ein Museum eingerichtet. Wir konnten es leider nicht besuchen, da es an den Wochenenden nicht geöffnet hat. Aber auch außerhalb des Museums gibt es etwas zu sehen. Hier erinnern eine große Gerbertrommel und Infotafeln an die Zeit der Lederherstellung.
Früher verlief direkt hinter der Fabrik die deutsch-deutsche Grenze. Sie ging mitten durch die Saale. Heute ist man von hier aus in wenigen Schritten in Bayern. Die Heinrich-Knoch-Brücke verbindet beide Bundesländer miteinander. Sie wurde 1997 neu errichtet, denn der Vorgängerbau wurde zum Kriegsende gesprengt.
Sehenswert ist außerdem der Kirchplatz mit der Kirche St. Katharina. Erstmals wurde sie 1437 geweiht. Nachdem das Kirchengebäude mehrere Brandschäden besaß, baute man 1835 bis 1842 eine neue Kirche. Nach der Wende konnte sie dank Spenden vor dem Verfall gerettet werden.
Wanderziele in und um Hirschberg
Von hier aus kann man durch die Stadt weiter zum Hängesteg laufen. Wer mit dem Auto kommt, findet vor der Hängesteg einen Parkplatz.
Über die im Fels verankerte Stahl-Holzkonstruktion gelangt man von der Altstadt in die Idylle des Hags. Der Hag ist der Stadtwald von Hirschberg. Er ist eine bewaldete Felswand, die sich vom Felsen des Lohberges über die Schlossterrasse an der Saale entlangzieht.
Zu DDR-Zeiten war der Besuch des Hags verboten, denn er war Grenzgebiet. Zahlreiche Bäume fielen dem Bau der Grenze zum Opfer. Man wollte freies Sichtfeld – so mussten die Bäume weichen. Diese wurden nach der Wende durch eine Bürgerinitiative aufgeforstet und auch die Wege wurden wieder begehbar gemacht. Aber nicht nur die Bäumem fielen dem Grenzbau zum Opfer, auch die beliebte Ausflugsgaststätte wurde abgerissen.
Ziel ist es, heute wieder an die 20er und 30er Jahre anzuknüpfen, in denen der Hag ein beliebtes Ausflugsgebiet war. Und dafür wurde schon einiges getan.
Vor dem Hängesteg wurde schon die Tradition des Gondelfahrens wiederbelebt. Mit kleinen Ruderbooten kann man über die Saale fahren, die hier besoonders breit ist und fast wie ein kleiner Teich wirkt. Die Ausleihstation hat über die Sommermonate an den Wochenenden geöffnet. Direkt an der Gondelstation befindet sich die sogenannte Wenzelshöhle.
Die Sage über die Wenzelshöhle
Die Hirschberger sollen einer Sage nach hier den Böhmen-König Wenzel vor seinen Feinden versteckt haben. Wenzel, Sohn Kaiser Karl VI., war zunächst König von Böhmen und danach deutscher Kaiser. Er war wohl als Monarch ob seiner Launenhaftigkeit nicht beliebt. Die Böhmen jagten ihn aus dem Land und verfolgten ihn bis zur Saale. Er kam bis nach Hirschberg. Hier soll er in der Höhle Unterschlupf gefunden haben und später auch in der Stadt gelebt haben.
Zum Dank gewährte er nach seiner Rückkehr nach Prag im Jahr 1397 den Hirschbergern zahlreiche städtische Privilegien, wie sie sonst nur große Städte hatten. Wie viel Wahrheit in der Sage steckt, lässt sich nicht genau sagen, denn die Höhle ist auch viel zu klein, um darin zu leben. Belegt sind allerdings die Privilegien die Wenzel den Hirschbergern übertragen hat, wie z.B. Bierbraurechte, Jagd- und Fischereirechte, Handelsrechte und auch Rechte der Gerichtsbarkeit. Diese ließen sich die Hirschberger auch immer wieder von den böhmischen und österreichischen Königen und Kaisern bestätigen, was oft zum Streit zwischen Schlossherren und Bürgerschaft führte. Denn die Schlossherren sahen darin ihre Machtbefugnisse beeinträchtigt. Erst 1806 wurden die Hirschberger Rechte dauerhaft aufgehoben.
Der Weg über den Hängesteg bietet wunderschöne Blicke auf das Tal der Saale. Der Steg an der zerklüfteten Felswand wurde 1991 erneuert. Er befindet sich nur wenige Meter über der Saale und über ihn kommt man von der Altstadt auf direktem Weg in den Hag. Nach dem Steg kann man entweder bergauf Richtung Schloss laufen oder linkerhand weiter zur Saalebänk (ja, sie heißt Bänk und nicht Bank). Ursprünglich war sie nur aus einem einzigen rießigen Baumstamm gefertigt worden. Allerdings musste sie wegen Witterungsschäden 2013 erneuert werden. Das Nachfolgermodell ist eine „normale“ Bank, aber sie kommt auf eine stattliche Länge von 30,125 Metern und würde 97 Personen Platz bieten.
Von hier aus geht es bergan Richtung Kaiserhöhe. Aber schon ehe man den Aussichtspunkt erreicht, bieten sich immer wieder schöne Blicke auf die im Tal fließende Saale.
Die Kaiserhöhe macht ihrem Namen alle Ehre, denn von hier aus hat man einen besonders schönen Blick über den Wald bis hin zum Schloss. Von hier aus gehen wir über die naturbelassenen Wege wieder zurück Richtung Hängesteg. Aufgrund der Steigung sind die Touren mittelschwer, aber die Wege sind leicht begehbar. Die schönen Ausblicke entschädigen für die Anstiege. Der Hag ist ein wunderschönes Waldgebiet, das mit seiner Vielfalt besticht. Die Wege führen durch herrliche Wälder vorbei an den steilen Klippen entlang der Saale und immer wieder gibt der Wald wunderbare Ausblicke über die Landschaft preis.
Wer möchte, kann die Tour auch bis nach Joditz verlängern. Als Ausgangspunkt für die Wanderung empfiehlt sich entweder die alte Lederfabrik oder der Parkplatz Nahe der Wenzelshöhle. Hirschberg ist auf jeden Fall einen Ausflug wert, denn auf den abwechslungsreichen Pfaden gibt zahlreiche Sachen zu entdecken. Allerdings sollte man sich Proviant mitnehmen. Denn bis auf die eingangs erwähnte Raststätte sind Gaststätten recht rar.
Sehenswertes in der Nähe von Hirschberg
- Nur wenige Kilometer entfernt liegt Blankenberg mit seiner sehenswerten Burgruine und einem Rundweg durch die Stadt. Der Rundweg führt vorbei an der Ruine zu schönen Aussichtspunkten übers Saaletal bis hin zur alten Papierfabrik.
- Die Nachbarstadt von Blankenberg ist Blankenstein – hier beginnt der Rennsteig.
- Wer einen schönen Ausblick über die Saale sucht, sollte auf jeden Fall dem Skywalk in Pottiga einen Abstecher abstatten. Der Blick über das Saaletal ist einfach gigantisch.
- Auch nicht weit von hier liegt das Deutsch-Deutsche Museum in Mödlareuth. Hier kann man die deutsche Geschichte der nahen Vergangenheit aus nächster Nähe erleben. Seit dem 16. Jahrhundert war der Tannbach, der durch den Ort fließt Landesgrenze und teilte das Dorf, aber zu keiner Zeit wurde dies so deutlich wie zu Zeiten der deutsch-deutschen Grenze.
- Unweit von Hirschberg liegt in Franken das romantische Höllental, das zu Wanderungen einlädt. Hier gibt es übrigens auch einen Hirsch auf einem Felsen zu bewundern